Stuhlinkontinenz ist der ungewollte Abgang von Stuhl und Winden. Diese Beeinträchtigung kann heute gut abgeklärt und konservativ wie auch operativ behandelt werden. Der Leidensdruck der Betroffenen ist oftmals aber sehr gross, weshalb sie aus Scham den Gang zum Arzt vermeiden und sich aus ihrem sozialen Umfeld zurückziehen.
Stuhlinkontinenz liegt vor, wenn sich der Darm unkontrolliert entleert. Für Betroffene bedeutet das eine starke Einschränkung der Lebensqualität. Geschieht in der Öffentlichkeit ein kleines Unglück, hat dies negative psychische Auswirkungen zur Folge. Viele Patienten isolieren sich aus Scham und in der Hoffnung, dass ihr Handycap unbemerkt bleibt, zunehmend von ihrem sozialen Umfeld.
In der Sendung praxis gsundheit «Stuhlinkontinenz – was tun?» spricht David Staudenmann mit Dr. med. Manuel Zürcher, Leitender Arzt Chirurgie, Spital Thun, Dr. med. Boudewijn Van der Weg, Leiter Funktionsdiagnostik/Beckenbodenzentrum, Spital Thun und einer Patientin über das «Tabuthema» Stuhlinkontinenz.
Die Angst vor einem Unglück habe ich fast gänzlich verloren
Ingrid Rudolf, Patientin
Stuhlinkontinenz beinhaltet nicht nur festen Stuhl, sondern auch ungewollt abgehende Winde oder Stuhlschmieren. Unbehandelt verursacht Inkontinenz in der Schweiz jährlich mehrere Milliarden Schweizer Franken.
Es gibt mehrere mögliche Ursachen für Stuhlinkontinenz. Zum einen stellt ein geschwächter Beckenboden ein Risikofaktor dar, der häufig Frauen betrifft. Eine Geburt belastet den Beckenboden enorm, was auch die im Beckenboden verlaufenden Nerven schädigen kann, die eine wichtige Rolle bei der Kontinenz spielen. Bei einer Anal-Operation oder einer Geburt besteht zudem auch die Möglichkeit, dass dabei der Schliessmuskel verletzt werden kann.
Seltener können neurologische Störungen, Querschnittslähmung oder schwere Verstopfungen zu Inkontinenz führen. Trotz der meistens relativ einschlägigen Symptome, die in der Anamnese zum Vorschein kommen, gilt es genaue Untersuchungen vor der definitiven Diagnose anzustellen. Dazu gehören u.a. ein MRI des Beckenbodens, Messung der Schliessmuskelfunktion sowie der Sensibilität des Enddarms.
Die Stuhlinkontinenz kann heute gut abgeklärt und häufig ohne Operation behandelt werden. Ein wichtiger Pfeiler ist dabei das gezielte Beckenbodentraining und die Stuhlregulation. Bei Letzterer ist das Ziel eine Normalisierung der Stuhlkonsistenz und Verlängerung der Darmpassage. Das Finden der genauen Ursache ist für den Therapieerfolg von zentraler Bedeutung.
Bringen konservative Therapien nicht den gewünschten Erfolg oder besteht offensichtlich eine anatomische Störung, kommen moderne Operationen zum Zug. Eine davon ist die Sakrale Neuromodulation. Dabei wird eine Batterie (Elektrode) in die Gesässmuskulatur implantiert. Die Nerven des Beckenbodens werden dabei mit Strom stimuliert. Der Darm wird so sensibler auf Reize, der Stuhldrang wird früher bemerkt. Die Beschwerden der Patienten können so merklich eingedämmt werden und es bleibt ihnen die Zeit, eine Toilette aufzusuchen.
Februar 2018