Bei Stuhlinkontinenz geht flüssiger oder fester Stuhl unkontrolliert ab. Kaum eine Krankheit ist mit so viel Schamgefühl und Tabu verbunden wie die Stuhlinkontinenz. Betroffene Menschen wissen oft nicht, dass es sich um eine Krankheit handelt, die behandelbar ist. Viele Menschen schämen sich und holen sich deshalb keine Hilfe. Im Video erzählt eine von Stuhlinkontinenz betroffene Patientin ihre Geschichte, medizinische Fachpersonen sprechen über Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten.
Stuhlinkontinenz hat einen grossen Einfluss auf das Leben von Betroffenen. Der permanente Drang, eine Toilette aufzusuchen und/oder die ständige Angst vor einem unbemerkten Stuhlverlust, schränkt das Leben massiv ein. Betroffene nehmen nicht mehr am sozialen Leben teil, können sogar vereinsamen. Stuhlinkontinenz ist ein unfreiwilliger Verlust von festem oder flüssigem Stuhl, Schleim oder Darmgasen. Die Ursachen können unterschiedlich sein. Die Krankheit kann auf eine Schädigung des Analsphinkters bei einer Geburt oder Operation zurückzuführen sein oder auf eine neurologische Schädigung, chronischen Durchfall oder rektale Missbildungen. Es kommt aber auch vor, dass keine konkrete Ursache für eine Stuhlinkontinenz gefunden werden kann.
Patienten müssen nicht hundert Prozent Kontinent werden. Wichtig ist, dass sie nicht permanent auf die Toilette rennen müssen.
Prof. Dieter Hahnloser, Assoziierter Professor und Leitender Arzt, Centre hospitalier universitaire vaudois CHUV
Krankengeschichte gibt Aufschluss
Stuhlinkontinenz wird durch die Erhebung der Krankengeschichte des Patienten in Kombination mit einer Untersuchung diagnostiziert. Die Häufigkeit des unkontrollierten Stuhlabgangs und die damit verbundene Verschlechterung der Lebensqualität sind wichtige Faktoren bei der Diagnosestellung. Von Beginn weg versucht die Ärztin oder der Arzt, ein Vertrauensverhältnis mit dem Patienten aufzubauen. Denn es ist noch immer ein Tabu, über unkontrollierten Stuhlgang zu sprechen.
Unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlung ist von der Diagnose abhängig. Zu Beginn wird in der Regel versucht, die Konsistenz des Stuhls durch Ballaststoffe oder mit Medikamenten zu kontrollieren. Mit Beckenbodengymnastik können die Muskeln am Damm gestärkt werden. Operative Behandlungsmöglichkeiten werden ebenfalls angeboten, wie eine Rekonstruktion des Schliessmuskels oder die Neuromodulation, eine Stimulation der Nerven im Damm. Die Neuromodulation erfolgt im zwei Phasen. Zuerst wird über einige Wochen getestet, ob der Patient auf die Nervenstimulation anspricht, erst danach wird der Stimulator eingesetzt. Die Ergebnisse der Nervenstimulation sind langfristig. Diese Methode wirkt bei rund 80 Prozent der Patienten: Ein Drittel der Patienten erreicht eine vollständige Konsistenz, bei der Hälfte der Patienten liegt die Verbesserung bei über 50 Prozent.
Oktober 2020