Bei einem Ileus (Darmverschluss) wird aufgrund gestörter Darmpassage die Nahrung nicht weitertransportiert. Ein Darmverschluss kann lebensbedrohlich sein.
Als lebensbedrohliches Krankheitsbild bedarf der Darmverschluss im Allgemeinen einer sofortigen Spitaleinweisung und eventuell einer chirurgischen Intervention. Wird der Ileus frühzeitig erkannt und angemessen behandelt, bestehen gute Heilungschancen.
Ein mechanischer Darmverschluss bedeutet, es liegt ein Hindernis im Darm, das der Transport des Darminhalts behindert. Das kann ein Tumor sein, Gallensteine, Fremdkörper oder schlecht gekaute Nahrung. Ein paralytischer Ileus heisst, der Darm ist funktionell nicht mehr fähig, mit der Peristaltik (den Darmbewegungen) den Darminhalt weiterzutransportieren. Grund dafür können entzündliche Krankheiten im Bauchraum sein, z.B. Pankreatitis. Hindernisse wie Verwachsungen, Tumore oder Fremdkörper müssen operativ entfernt werden. Beim paralytischen Typ kann oft ohne Operation der Darminhalt abgesaugt und durch Medikamente die Darmbewegungen wieder angeregt werden. Die Patienten erhalten oft Infusionen, um Flüssigkeitsmangel auszugleichen/vorzubeugen und Nährstoffe zuzuführen. Zudem kann mit einer Magensonde Mageninhalt abgepumpt werden, um den Darm zu schonen.
Typische Symptome bei Darmverschluss sind Bauchkrämpfe, Erbrechen, ein aufgeblähter Bauch oder Übelkeit. Bei dem paralytischen Ileus sind keine Darmgeräusche zu hören, beim Mechanischen hingegen arbeitet die Peristaltik noch stärker als zuvor.
In der TV-Sendung «praxis gsundheit: Wie gefährlich ist ein Darmverschluss?» spricht der Moderator David Staudenmann mit dem Experten Prof. Dr. med. Hans E. Wagner über Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten bei Darmverschluss. Eine betroffene Patientin gibt einen Erfahrungsbericht: sie hatte vor 2 Monaten einen Darmverschluss, der im Spital Thun diagnostiziert und von Prof. Dr. med. Hans E. Wagner erfolgreich operiert wurde.
TV-Sendung «praxis gsundheit: Wie gefährlich ist ein Darmverschluss?»
«praxis gsundheit» ist ein Brand der santémedia AG, Bern. Die gleichnamige TV-Sendung der santémedia AG wurde ausgestrahlt auf den TV-Sendern TeleBaern und Tele1.
Es geht mir wieder sehr gut
Christine Krebs, Patientin
Sie lesen lieber, statt ein Video anzuschauen? Hier folgt eine Abschrift des Experten-Talks
«praxis gsundheit: Wie gefährlich ist ein Darmverschluss?» mit Prof. Dr. med. Hans E. Wagner und einer Patientin
Einleitung durch den Moderator David Staudenmann
Heute sind wir im Spital Thun. Wenn man verstopft ist und nicht auf die Toilette gehen kann, dann kann das sehr schmerzhaft sein. Bei einem Darmverschluss sind die Schmerzen noch viel heftiger und man befindet sich in einer Notfallsituation, muss unbedingt einen Arzt aufsuchen. Welche Symptome diese Krankheit auslösen und vor allem, wie man einen Darmverschluss behandeln kann, werden wir heute in unserer Sendung erfahren.
David Staudenmann
Und hier bei mir begrüsse ich ganz herzlich Frau Chr. K., 43 Jahre alt und verheiratet. In der Nacht vom 22. Juli hat sie starke Bauchschmerzen bekommen, die immer schlimmer wurden.
Neben mir möchte ich auch herzlich begrüssen: Herrn Prof. Dr. Hans Wagner. Er ist Facharzt FMH für Chirurgie, spezialisiert auf Viszeralchirurgie und Chefarzt Chirurgische Klinik im Spital Thun.
Frau K., sie haben starke Bauchschmerzen bekommen, die immer stärker wurden. Was haben Sie unternommen?
Patientin Frau K.
Eineinhalb Tage vorher hatte ich Bauchweh mit anschliessendem Durchfall. Das war aber ein Bauchschmerz, den ich kannte. In der Nacht vom 22. auf den 23. war das dann zuerst ein Bauchweh, das mir eher unbekannt war. Ich habe zuerst probiert mit Wärme, Hand darauf halten, hab aber sofort gemerkt, dass ich keinen Druck auf dem Bauch aushalten konnte. Dann bin ich aufgestanden und habe ein M. eingenommen (Anmerkung: ein Medikament, das die Entleerung des Magens beschleunigt). Der Schmerz ist dann aber immer heftiger geworden. Ein richtig stechender Schmerz. Ich konnte auch nicht mehr richtig aufrecht gehen, der Schmerz hat mich gekrümmt.
David Staudenmann
Sie sind dann ins Spital gegangen, in den Notfall und dort hat man zunächst eine Infusion gegen Schmerzen gegeben. Ich denke, man hat vermutet, das ist eine Magen-Darm-Grippe?
Patientin Frau K.
Ganz zuerst hat man mich gynäkologisch untersucht, dass man alles andere ausschliessen kann. Dann war der Verdacht Gastroenteritis, also Magen-Darm- Grippe.
David Staudenmann
Sie sind dann ja nochmal heimgegangen, aber es ist nicht besser geworden? Die Schmerzen sind wieder stärker geworden, als das Schmerzmittel nicht mehr gewirkt hat und Sie sind wieder zurück ins Spital?
Patientin Frau K.
Genau. Ich war etwa 2 Stunden daheim und wie Sie gesagt haben, als das Schmerzmittel aus der Infusion nicht mehr gewirkt hat, sind die Schmerzen wieder heftig geworden. Ich habe daheim noch Schmerzmittel genommen, aber das hat nichts genützt.
David Staudenmann
Im Spital wurde dann ein CT gemacht. Wie war die CT-Untersuchung für Sie?
Patientin Frau K.
Das CT war harmlos. Da liegt man und es tut ja nicht weh. Ich war ja auch froh, dass man untersucht was los ist, weil es ja nicht besser wurde.
David Staudenmann
Herr Professor Wagner, das CT hat ja dann gezeigt, was die Schmerzen verursacht. Da haben wir die Bilder des CT und können die miteinander anschauen. Ich bitte Sie zu erklären, was wir da sehen.
Prof. Dr. med. Hans E. Wagner
Also ich meine, Frau W. hat ja sehr gut ihre Symptome geschildert, die gerade am Anfang auch nicht einfach einzuordnen sind. Die Diagnose Gastroenteritis stand im Raum. Wir wussten auch, es gibt keine relevante Voroperation. Das Computertomogramm (CT) hat dann aber geholfen und Klarheit gebracht. Man sieht hier auf dem Bild oben die Leber und dann den ganzen Darm, der gestaut ist. Und hier unten ist noch ein kleiner Abschnitt von Darm zu sehen, der zusammengefallen ist. Dem sagen wir «Hungerdarm» im Fachjargon. Also man hat gesehen, es gibt ein Hindernis, ab dem nichts mehr durchgeht. Auf dem zweiten Bild sieht man es noch besser: da ist zunächst einmal noch Luft im Darm, dann sieht man die Flüssigkeit und hier dann den kollabierten, also zusammengefallenen Darm, der hinter dem Hindernis ist. Folglich war klar, es handelt sich um einen Ileus, einen Darmverschluss und eine Operations-Indikation ist gegeben.
David Staudenmann
Und was sind die typischen Symptome? Bauchschmerzen haben wir schon gehört, was gehört noch dazu?
Prof. Dr. med. Hans E. Wagner
Ein klassisches Symptom sind Bauchkrämpfe, wobei es hierfür natürlich auch verschiedene Differentialdiagnosen gibt, wie Nierensteine oder sonst irgendetwas im Bauch. Mit der Zeit kommt dann zu den Bauchkrämpfen Erbrechen hinzu. Der Darmverschluss führt zu einem Stau, das ist wie bei einem Waschbecken, wenn der Sifon verstopft ist: dann kommt es immer höher und irgendwann überläuft es. Darum ist unser Ansatz, zunächst mit einer Magensonde den Magen zu entlasten als ersten Schritt, auch um etwas Zeit zu gewinnen und zu schauen, ob sich die Situation entspannt, oder ob es etwas ist, was sich mit konservativen Massnahmen nicht in den Griff bekommen lässt und eine Operation erfordert.
David Staudenmann
Frau K., mussten Sie auch erbrechen oder wie war es bei Ihnen?
Patientin Frau K.
Ja, ich musste erbrechen. Die zwei Tage eigentlich immer wieder. Es ist genau so wie Dr. Wagner gesagt hat, da ist es einem erst wieder etwas wohler gewesen, bis es sich wieder gefüllt hat.
David Staudenmann
Hatten Sie mit so einer Diagnose gerechnet? Mit Darmverschluss?
Patientin Frau K.
Auf dem Weg ins Spital ist mir das durch den Kopf gegangen. Da habe ich mich gefragt: habe ich Darmverschluss? Aber dann hatte ich nicht mehr damit gerechnet, auch weil mir gesagt wurde, dass Darmverschluss sehr selten ist, wenn es keine vorgängige Bauchoperation gab.
David Staudenmann
Wollen wir die Ursachen noch miteinander anschauen, Herr Professor Weber? Was sind die Ursachen für Darmverschluss?
Prof. Dr. med. Hans E. Wagner
Es gibt mannigfaltige Ursachen. Schlechte gekaute Nahrung kann stecken bleiben, ich hatte schon Fälle, in denen schlecht gekaute Äpfel oder Aprikosen stecken blieben. Oft kann auch ein Tumor dahinterstecken, der unbemerkt gewachsen ist und von aussen den Darm blockiert. Insbesondere nach Voroperationen kann es auch zu Verwachsungen im Darm kommen. Nach Blinddarmoperationen kann das auch 30-40 Jahre später passieren. Auch nach gynäkologischen Eingriffen sehen wir Darmverschlüsse häufig.
David Staudenmann
Und was für eine Ursache vermutet man bei der Frau K.?
Prof. Dr. med. Hans E. Wagner
Wir haben gewusst, sie hat keine Voroperationen. Ich habe sie auch gefragt, ob sie irgendwelche Unfälle hatte, selbst eine kleine Sportverletzung, die vielleicht einen Entzündungsreiz hätten verursachen können, die dann zu einer Verklebung und schliesslich einem Darmverschluss hätte führen können.
David Staudenmann
Und Sie hatten so einen Unfall Frau K?
Patientin Frau K.
Ja, das ist so, ich habe einmal einen Stoss in den Bauch bekommen.
David Staudenmann
Also eventuell ist der Darmverschluss ja darauf zurückzuführen.
Herr Professor Wagner, jetzt fragen wir uns natürlich, was gibt es für Behandlungsmöglichkeiten?
Prof. Dr. med. Hans E. Wagner
Wenn die Diagnose Darmverschluss gestellt ist, dann sollte man möglichst zügig operieren. Der Darm könnte sich verwickeln, die Durchblutung würde leiden und der Darm könnte absterben. Damit der Darm sich erholen kann und nicht noch ein Stück Darm entfernt werden muss.
Im vorliegenden Fall haben wir rasch die Operationsindikation erstellt und dann ist immer noch die Frage, ob mit Schlüsselloch-Chirurgie oder ob der Schnitt gemacht werden muss. Schlüsselloch-Chirurgie hat auch ein gewisses Risiko, weil der Darm gebläht ist und es wenig Platz gibt um zu operieren, aber es ist natürlich elegant, wenn es mit dieser Methode geht, ohne grossen Schnitt, was sich auch positiv auf die nachfolgende Erholung auswirkt.
Hier sehen wir nun das Operationsbild. Wir sehen darauf das Instrument, das durch die Bride (Verwachsung) geht. Die Bride ist wie eine Schnur, die den Darm einengt. Im Prinzip muss man eigentlich nur diese Bride durchschneiden und das Problem ist gelöst.
Auf dem zweiten Bild sehen wir die Stelle im Darm, an der die Bride durchgeschnitten wurde, die Schnürfurche. Davor ist der gestaute Darm erkennbar und nach der Schnürfurche der Hungerdarm, der kollabierte Teil des Darms. Darum findet der Operateur auch relativ gut die Stelle, an der sich der Darmverschluss befindet: Davor ist der Darm gestaut, dahinter kollabiert. Wenn man Glück hat, ist es nur eine Bride, die man lösen kann, oder eine kleinflächige Verklebung, die man mit der Schlüsselloch-Technik lösen kann.
David Staudenmann
Frau K., wie war das für Sie nach der Operation? Wie haben Sie sich gefühlt und haben die Schmerzen grad nachgelassen?
Patientin Frau K.
Ja, ich war sehr glücklich nach der Operation. Die Schmerzen waren vorher schon happig und über längere Zeit. Ich war auch sehr glücklich, dass man nicht ganz aufmachen musste und nicht ein Stück Darm herausnehmen musste.
David Staudenmann
Und wie ist es mit Essen gegangen? Hat es gedauert, bis sich die Darmflora erholt hat und der Stuhlgang reguliert hat?
Patientin Frau K.
Ich war schon etwa 1 ½ Wochen etwas eingeschränkt. Was ich zuvor nicht wusste: bei der Operation wird Luft in den Bauchraum geblasen und der Magen hat weniger Platz. Ich konnte zunächst nur wenig essen, musste eben häufiger essen.
David Staudenmann
Herr Professor Wagner, ist das normal, dass das am Anfang noch etwas Zeit braucht?
Prof. Dr. med. Hans E. Wagner
Wie Frau K. gesagt hat, wir brauchen bei der Operation noch etwas Luft, damit wir Platz bekommen. Das kann sich dann anfühlen wir ein Muskelkater, kann auch in der Schulter etwas weh tun. Durch die Stauung, muss sich der Darm auch erst wieder anpassen, erholen. Durch die Stauung kommt es meist zu einer Überwucherung mit Bakterien und bis sich die Darmflora wieder einspielt, braucht es oft 2-3 Wochen. Manchmal müssen wir auch mit Antibiotika etwas nachhelfen, wenn da die falschen «Käfer» gewachsen sind. Auch Durchfall-Episoden sind erst mal typisch. Das alles braucht etwas Zeit, sich wieder einzuspielen.
David Staudenmann
Frau K., vor genau 2 Monaten sind Sie hier im Spital Thun operiert worden. Wie geht es Ihnen heute, wie fühlen Sie sich?
Patientin Frau K.
Es geht mir wieder sehr gut, ich merke nichts mehr davon. Ich bin wieder fit.
David Staudenmann
Das ist doch wunderbar und klingt sehr gut.
Noch eine letzte Frage an Sie, Professor Wagner: Ist das bei frau K. wirklich eine Notfallsituation gewesen, in der man intervenieren musste?
Prof. Dr. med. Hans E. Wagner
Hinterher ist man ja immer gescheiter, aber in diesem Fall war es klar ein Notfall, in dem man zügig operieren musste. Da konnte man nicht noch einen Tag warten, sonst hätte wahrscheinlich der Darm schon gelitten und man hätte vermutlich ein Stuck Darm entfernen müssen. Das ist ja auch die ärztliche Kunst, den Zeitpunkt nicht zu verpassen. Wir sind immer etwas im Dilemma – «Man operiert zu viel», «man operiert zu wenig». Für die Frage, wann und wie schnell man operieren muss, kommt vieles zusammen: Die Erfahrung, die Klinik, die Radiologie, das Labor, die Symptome …
David Staudenmann
Da sind wir froh, dass es bei Ihnen Frau K. so gut funktioniert hat und vor allem, dass es Ihnen heute so gut geht. Vielen Dank Frau K. für Ihren Besuch in unserer Sendung und weiterhin alles Gute.
Merci Ihnen, Herr Professor Wagner, auch Ihnen alles Gute und vielen Dank für die interessanten Erläuterungen.