Die Pandemie bestimmt mittlerweile seit einem Jahr den Alltag der Schweizer Bevölkerung. Obwohl Lockerungen in Sicht sind, wird das Bundesamt für Gesundheit mit harter Kritik konfrontiert. Im Vergleich zu vielen anderen Ländern ist die Schweiz langsamer und ineffizienter, was die Bekämpfung der Pandemie betrifft. David Staudenmann spricht mit Felix Schneuwly, Krankenkassenexperte bei comparis.ch, über die Fehler des BAG und den Ausweg aus der Krise.
Schon vor der Pandemie habe er Bekanntschaft mit dem Home-Office-Modell gemacht, berichtet Felix Schneuwly per Videoübertragung auf dem Sofa Jaune im Studio von santemedia. Der Krankenkassenexperte ist überzeugt, dass sich dieser Zustand noch hinziehen wird und das langersehnte Corona-Ende für die Schweizer Bevölkerung auf sich warten lässt. Im Vergleich mit den Nachbarländern schlage sich die Schweiz nicht schlecht, dennoch gäbe es Luft nach oben. Die Schweiz habe es verpasst, sich im vergangenen Jahr für die dritte Welle zu rüsten und die Pfeiler der bundesrätlichen Corona-Strategie, bestehend aus Schutzmassnahmen, Contact-Tracing und Impfen, seien nach dem Lockdown im letzten Frühjahr zu lasch umgesetzt worden.
Unzufrieden ist Schneuwly auch mit dem Krisenmanagement des Bundesamtes für Gesundheit: Das BAG habe sein Handeln nicht der Pandemie angepasst und agiere weiter, wie es eine Verwaltung nun einmal tue. In der aktuellen Lage seien unternehmerische Kompetenzen gefragt: schnelles Handeln, Risikobereitschaft und rasche Korrekturen bei Fehlentscheidungen. Mit 250 Corona-Beauftragten hätte das Bundesamt durchaus genügend Personal zur Verfügung, dieses werde jedoch falsch eingesetzt. Eine bessere Option wäre nach Schneuwly ein operativer Krisenstab, der die Entscheide des Bundesrates umsetzt und somit der Verwaltung Sicherheit bieten würde.
Man ist nicht nur mental, sondern auch digital schlecht vorbereitet. Ausserdem hat man im letzten Jahr wenig dazu gelernt.
Felix Schneuwly, Krankenkassenexperte bei comparis.ch
Punkto Digitalisierung ist der Krankenkassenexperte überzeugt, dass die Schweiz einiges verpasst hat. Auch hier gebe man sich bloss mit dem Mittelmass zufrieden. Jetzt sei allerdings nicht der Zeitpunkt, Versäumnisse zu analysieren. Diese Ressourcen könne man klüger einsetzen – da wo noch etwas zu bewirken sei, unter anderem bei der Impfstrategie. Das BAG habe zwar auf den richtigen Impfstoff gesetzt und diesen auch reserviert. Während dem aktuellen Lieferengpass sei man aber wiederum zu zögerlich, um auf die Einhaltung der Verträge zu beharren, beziehungsweise um Konsequenzen zu ziehen. Schneuwly bekundet seine Enttäuschung über den Gesundheitsminister Alain Berset. Dieser reagiere zu zaghaft, es brauche jetzt eine Entscheidung: «Die Konzepte müssen bereit sein, sobald genügend Impfdosen geliefert werden und die Mehrheit geimpft wird», so Schneuwly.