Fehlende Medikamente und damit verbundene, zusätzliche Herausforderungen in Corona-Zeiten, Entscheide des Bundesrates zum Lockdown und zu den Lockerungen, eine neue Nähe und Solidarität in der Zusammenarbeit mit Mitarbeitenden und Pandemiepläne in der Schublade, die von einem Tag auf den anderen Realität geworden sind – darüber gibt der Spitalapotheker Enea Martinelli im Interview bei David Staudenmann auf dem «Sofa Jaune» Auskunft.
«Die ersten Wochen mit Corona waren sehr hektisch», sagt Enea Martinelli. Bis sich im Spital ein gewisser Alltag eingependelt hat, dauerte es zwei bis drei Wochen. Nun sei es etwas ruhiger, dafür ist er auch dankbar. Am Anfang war der stets aktualisierte Pandemieplan. Ein Stück Papier in der Schublade, das von einem Tag zum anderen Realität wurde und zwar ein einer Dimension, die sich niemand jemals hätte vorstellen können. Für Enea Martinelli doch ein spezielles Erlebnis. Er betont, die grosse Solidarität und der Wille zur Zusammenarbeit unter den Mitarbeitenden, die ihn immer wieder erstaunt und positiv überrascht. Dem Bundesrat stellt Chefapotheker Martinelli ein gutes Zeugnis aus. Er wolle nicht in der Haut des Bundesrates stecken, in keiner Phase der Krise. Die aktuellen Lockerungen des Bundesrates kommentiert Enea Martinelli nicht, er könne es einfach nicht, sagt er offen und ehrlich. Niemand könne vorhersagen, wie sich die Pandemie entwickelt.
Viele Jahre versuchte ich zu erklären, dass wir ein Risiko bei der Medikamentenversorgung in der Schweiz haben. Jetzt, dank der Coronakrise, gibt es Vorstösse im Parlament, die das Problem aufnehmen!
Dr. pharm. Enea Martinelli, Chefapotheker Spitäler fmi AG und Vizepräsident pharmasuisse
Versorgung mit Medikamenten in der Krise
Gerade am Anfang der Corona-Krise hat sich das Problem von fehlenden Medikamenten noch massiv verschärft. Wenn Medikamente in der Krise fehlen, die auch vorher knapp waren, stellt dies die Spitalapotheker vor gravierende Probleme. Lieferketten in Krisenzeiten funktionieren nicht gleich wie in normalen Zeiten. Trotz fehlender Medikamente dafür zu sorgen, dass Patientinnen und Patienten richtig versorgt sind, ist eine grosse Challenge für Enea Martinelli, die ihn auch emotional berührt und ihm ein ungutes Gefühl gibt. Produktionen von wichtigen Medikamenten wurden ins Ausland verlagert. Wenn das Ausland nicht mehr liefern kann, dann hat die Schweiz ein Problem.
8. Mai 2020