Der Bundesrat hat einen Vorschlag vorgelegt, wie man mit einem so genannten Referenzpreissystem bei den Medikamenten rund 400 Millionen Franken pro Jahr sparen kann. Es soll nur noch das günstigste Medikament von der Grundversicherung bezahlt werden. Damit wird eine Billigmedizin gefördert, sagen die Gegner. Die Differenz zu einem teureren Präparat müssten die Patienten selbst zahlen. Ärzte, Apotheker und auch viele Politiker befürchten, dass beispielsweise die Versorgung der Patienten gefährdet sei. Über Sinn oder Unsinn eines neuen Billigpreissystems bei Medikamenten diskutieren in praxis gsundheit akut Regine Sauter, Nationalrätin FDP ZH, und Thomas de Courten, Präsident Intergenerika, Nationalrat SVP BL.
Im Rahmen eines ersten Pakets zur Dämpfung der Gesundheitskosten hat der Bundesrat Vorschläge unterbreitet, wie auch bei den Medikamenten gespart werden kann. Betroffen sind Generika, also Nachahmerprodukte von Originalmedikamenten sowie Medikamente, bei denen der Patentschutz abgelaufen ist. Das Referenzpreissystem kommt zur Anwendung, wenn mindestens drei Medikamente mit dem gleichen Wirkstoff von der Grundversicherung bezahlt werden. Der Patient erhält dann nur noch den Preis für das günstigste Medikament vergütet. Die Gegner eines solchen Modells sehen grosse Gefahren. Auf der einen Seite werden sich Pharmafirmen zurückziehen aus der Schweiz, weil es nicht mehr rentabel ist, gewisse Medikamente hier anzubieten. Dies führt zu Versorgungsengpässen, wie sie heute beispielsweise bei Impfstoffen bereits vorhanden sind. Auf der anderen Seite sagt die breit abgestützte Gegnerschaft auch, dass die Therapietreue sinkt. Ein Patient, der permanent nur aufgrund der Vergütungspraxis sein Medikament wechseln muss, ist irritiert. Es besteht die Gefahr, dass er das Medikament nicht mehr oder falsch einnimmt und so die Heilung verzögert wird.
Für all diese Argumente haben die Befürworter ein Ohr, erachten aber die Angstmacherei vor der Versorgungssicherheit als übertrieben. Doch es gehe jetzt darum, anzufangen zu sparen. Die Prämien steigen jedes Jahr, Einschnitte, die halt auch wehtun, sind nötig, und zwar bei allen Akteuren, nicht nur bei den Medikamenten, sagt Regine Sauter. Eine gute Lösung könnte sein, dass mehr Generika zu günstigeren Preisen genutzt werden anstatt teure Originalpräparate.
Dieses Argument zählt auch für die Gegner des Billigmodells. Generika sind zwar in der Schweiz immer noch teurer als im Ausland, aber bis zu 70 Prozent billiger als Originalmedikamente. Es gibt für Ärzte und Apotheker im Moment immer noch keinen Anreiz, mehr Generika zu verschreiben, weil die Margen bei Originalmedikamenten höher sind.
Der Vorschlag des Bundesrats zum Referenzpreismodell wird im Parlament diskutiert, voraussichtlich im kommenden Jahr. Bis das Parlament entschieden hat, verändert sich nichts.
Die Vielfalt der Arzneimittel auf dem Schweizer Markt wird mit einem Referenzpreissystem zurückgehen. Das schränkt die Wahlfreiheit der Patientinnen und Patienten ein.
Thomas de Courten, Präsident Intergenerika, Nationalrat SVP BL und Präsident der Gesundheitskommission des Nationalrates
September 2019