Der Apotheker und ehemalige Präsident von pharmaSuisse, Fabian Vaucher, weiss, wovon er spricht. Diesmal wollte man sicherstellen, dass das versprochene Material vorhanden ist, wenn Kunden in der Apotheke nach den Selbsttests fragen. Deshalb sind die Selbsttests auch erst nach Ostern verfügbar. Nicht wie im ersten Lockdown vor einem Jahr, wo weder Masken noch Desinfektionsmittel in genügender Menge vorhanden waren. Über Selbsttests, neue Freiheiten, Mangelware Impfstoff, Schwarzpeter-Spiele unter den Kantonen, eigene Impfstoffproduktion, Frustrationspotenzial und Corona als Experiment für die Gesellschaft spricht Geri Staudenmann im Studio von santemedia mit Fabian Vaucher.
Der Run diese Woche ist ausgeblieben, trotzdem hat seine Apotheke in Buchs die doppelte Kundenfrequenz aufgrund der nun verfügbaren Selbsttests. Kostenlos kann jede Person fünf Tests pro Monat beziehen. Die Selbsttests geben Sicherheit. Ein Essen mit 10 Personen im privaten Umfeld ist erlaubt. Vor dem Apéro macht man einen Test, dann kann man sicher feiern, auch ohne Masken. Abstandsregeln und Hygienevorschriften müssen selbstverständlich nach wie vor eingehalten werden, aber das Bedürfnis der Menschen nach sozialen Kontakten könne wieder befriedigt werden, meint Vaucher. Wer einen positiven Selbsttest hat, muss sich jedoch einem PCR-Test unterziehen, der dann im Labor ausgewertet wird. Bis dahin muss sich die Person in Selbstisolation begeben. Die Eigenverantwortung wird gross geschrieben. Die Schnelltests sind nur für symptomlose Personen geeignet. Für andere ist ein PCR-Test (Laboranalyse) der richtige Test.
Wir können nicht – wir versuchen Corona!
Der ehemalige Apothekerverband-Präsident ist der Meinung, dass wir am Anfang Corona doch ganz gut gemeistert haben. Alle waren im gleichen Boot. Heute, ein Jahr später, fehlt aus seiner Sicht der Dialog. Bund und Behörden treten belehrend auf. Das ist kontraproduktiv. Sie sollten in einen partnerschaftlichen Dialog mit allen Akteuren treten. Von der Privatindustrie und deren Führungsstrukturen könnten sich Bund und Behörden eine Scheibe abschneiden, sagt er unumwunden.
Der Zug ist abgefahren – es ist eine Illusion, Impfstoff wie Brötli selber zu backen!
Fabian Vaucher, past president pharmaSuisse und Apotheker, auf die Frage nach einer eigenen Impfstoffproduktion in der Schweiz
Locker das Vierfache verimpfen
Vaucher moniert Schwarzpeter-Spiele beim Impfen unter den Kantonen. Wer verimpft am Schnellsten oder am Meisten? Das sei wie ein Wettbewerb, das bringe gar nichts und verunsichere die Menschen. Im Kanton Aargau, wo er die Organisation von Impfungen mitträgt, könnten zurzeit vier Mal soviel Impfungen verabreicht werden. Es fehlen schlicht und einfach die Impfdosen. Sie tröpfeln herein, nach und nach. Die Apotheken, die heute bereits eine Impfbewilligung haben, bereiten sich vor. Zur schweizeigenen Impfstoffproduktion sagt Vaucher: Das hätte man viel früher angehen sollen, lange vor Corona. Heute sind die Produktions- und Lieferketten international organisiert und vernetzt.
Mit Frustration leben lernen
Fabian Vaucher kennt die Sorgen und Nöte des Gesundheitspersonals, aber auch der breiten Bevölkerung. Die heutige Gesellschaft kennt die Situation des Mangels nicht. Wenn wir etwas möchten, ist es verfügbar. Corona dreht alles um. Freiheiten sind beschränkt und nun sind Impfungen, auch wenn wir sie wollen, noch nicht da. Das generiert Frustration. Fabian Vaucher meint, dass wir alle das Frustrationspotenzial erhöhen sollten und lernen, mit dem Mangel umzugehen.