Die Feminisierung der Medizin ist Tatsache. Doch wie lange können wir uns dies noch leisten? Ausstieg, brachliegendes Know-how statt in der Medizin am Herd? Fehlende Angebote im System für Medizinerinnen mit Familie? Können Ärztinnen Kaderstellen im Spital bekommen, wenn sie Familie haben? Lohnen sich die Kosten für das teure Studium für Ärztinnen überhaupt? Ist eine Quotenregelung die Lösung? Am Schlagaustausch im Ring von BOXENBERN gingen Yvonne Gilli, FMH Zentralvorstand, Ärztin und Mutter und Kristian Schneider, CEO Spitalzentrum Biel SZB, im Beisein einer exklusiven Gästeschar über spannende und unterhaltende Sparringrunden.
Starchirurginnen, Chefärztinnen und leitende Ärztinnen sucht man in vielen Spitälern vergeblich. Ein Teil der Ärztinnen steigt aus dem Beruf aus, bevor sie die Spezialisierung oder die Karriereleiter in Angriff nehmen. Im Ring von BOXENBERN ist man sich einig: Es fehlen Strukturen im Spital, welche das Modell «Familie und Beruf» ermöglichen. Kinderbetreuung, Teilzeitstellen, Arbeitszeiten, welche Raum für die Familie lassen, fehlen. Fazit: Spitäler sind für Ärztinnen in der Mutterrolle keine attraktiven Arbeitgeber. Mit 55 bis 60 Stunden Arbeitszeit pro Woche bleibt keine Zeit für anderes. Diese Arbeitszeit ist gilt heute als Regel bei leitenden Ärzten oder gerade auch bei Chirurgen. Chirurgie im Teilzeitpensum ist jedoch keine Option, dies das Verdikt eines Chirurgen am Ring.
Gemäss SZB-CEO Schneider muss die Feminisierung der Medizin sehr geplant und gezielt angegangen werden. Dies kann nach ihm bis zu einer Quotenregelung im Chefarztbereich führen. Von einer Quotenregelung bei Chefärzten hält Yvonne Gilli hingegen gar nichts. Sie setzt mehr auf die Politik der kleinen Schritte, die einen Strukturwandel mit sich bringen sollen. Dies betrifft Teilzeitstellen wie auch die absolute Lohngleichheit.
An die Adresse der Frauen gingen ebenfalls klare Voten: Frauen müssen oftmals etwas lauter sein, um sich Gehör zu verschaffen. Dazu gehört Mut, Durchsetzungsvermögen, Forderungen stellen und nicht locker lassen.
Hausärztinnen haben es einfacher als Chirurginnen
Ausserhalb von Spitalstrukturen, z.B. bei Hausärztinnen und Hausärzten, sind bessere Möglichkeiten vorhanden, es stehen mehr Teilzeitpensen zur Verfügung. So können Beruf und Familie besser unter einen Hut gebracht werden. Hausärzte-Präsident Philippe Luchsinger rät den Spitälern, die Kinderbetreuung zu gewährleisten und grundsätzlich mehr Teilzeitstellen zu schaffen. Dies nicht nur für Ärztinnen, sondern auch für Ärzte.
Was den Frauen fehlt sind Frauen als Vorbilder, wie leitende Ärztinnen oder Chefärztinnen
Yvonne Gilli, FMH Zentralvorstand, auf die Frage, ob die Frauen zu wenig mutig seien, ihre Forderungen zu stellen.
14. Juni 2019