Pflegenotstand – «Is the world big enough»- in Anlehnung an James Bond, so eröffnet Ringrichter Geri Staudenmann den verbalen Schlagaustausch im Ring von BOXENBERN. SBK-Geschäftsführerin Yvonne Ribi gab sofort den ersten Schlag mit «kein James Bond, sondern Wonder Women sei gefragt…» Mit ihrem unermüdlichen Engagement für die Pflegenden ist Yvonne Ribi ungewollt wohl selbst in diese Rolle geschlüpft. Sie und Insel-Direktionspräsident Uwe E. Jocham liefen zu Höchstform auf. Ob die Welt gross genug sei, um langfristig alle Menschen zu pflegen und ob wir im Ausland gezielt rekrutieren sollen oder müssen. Das war die übergeordnete Frage. Für beide ist es keine Lösung, Pflegefachkräfte im Ausland zu rekrutieren. Auch Geld allein kann es nicht richten. Es gibt nur ein Ziel: Pflegende im Beruf zu halten, mehr Menschen für den Beruf zu begeistern und auszubilden. Die demografische Entwicklung in vielen Teilen der Erde zwingt uns dazu. Denn auf den Pflegenotstand folgt der Versorgungsnotstand.
Was sich so einfach anhört, ist komplex. Genauso komplex wie der Pflegeberuf. Yvonne Ribi beschreibt die Situation so: Pflege sei ein wunderbarer Beruf, jedoch im Alltag mit sehr hohem Stress verbunden, immer komplexere Situationen mit Patientinnen und Patienten fordern enorm viel Zeit, Teilzeitarbeit steht im Vordergrund, weil ein Vollzeit-Pensum gar nicht mehr zu bewältigen ist. Die Erholungszeit ist zu gering, um sich körperliche und psychisch zu erholen.
Differenzierte Betrachtung zu «Arbeitskräften aus dem Ausland»
Die Differenzierung ist massgebend: die Schweiz hat einen Ausländeranteil von rund einem Viertel der Bevölkerung. Diese Arbeiten in der Schweiz in verschiedensten Berufen. In Grenzregionen wie Basel, Genf oder Tessin sorgen Grenzgänger dafür, dass weniger Lücken beim Personal entstehen. In diesen Regionen hat es beispielsweise keine gesperrten Betten wegen fehlendem Personal. Die Grenzgänger sind ein Teil der Lösung, die in anderen Landesteilen fehlt.
Hingegen ist es für Yvonne Ribi unethisch, Pflegefachkräfte explizit im Ausland zu rekrutieren, denn sie fehlen dann auch dort. Auch Uwe E. Jocham sieht dies so, meist funktioniere das nicht. Man betreibe einen grossen Aufwand für Ausbildung, Sprache, Integration und am Schluss gehen viele wieder in ihre angestammten Länder zurück. Im akademischen Bereich dies etwas anderes, hier ist es Usanz und auch akzeptiert im Ausland zu rekrutieren. Denn – und da sind sich die Kontrahenten und auch das Publikum einig – ohne ausländische Arbeitskräfte funktioniert die Schweiz nicht, weder in der Pflege noch anderswo.
Liegt es am Geld?
Yvonne Ribi wiederholt einmal mehr, was die Pflege mit der Pflegeinitiative fordert: Gerechte Entlöhnung, bessere Arbeitsbedingungen, Wertschätzung ihrer Arbeit, genügend Zeit für Erholung und eine Ausbildungsoffensive. Demokratische Prozesse dauern lange, dessen ist sich Yvonne Ribi bewusst. Aber «wir können es uns nicht leisten, noch mehr Personal zu verlieren», sagt sie einmal mehr mit aller Vehemenz. Es brauche jetzt sofort eine Ausbildungsoffensive. Der Ball liegt hier beim Bundesrat. Dass mehr Geld allein es nicht richten kann, ist allen bewusst. Mehr Lohn führt oft dazu, dass Pensen reduziert werden. Uwe E. Jocham erklärt, warum heute Spitäler nicht in Personal investieren können, obwohl dies notwendig wäre. Mit DRG soll die Spitallandschaft bereinigt werden. Unrentable Spitäler verschwinden vom Markt. Patientinnen und Patienten bleiben so kurz wie nötig stationär im Spital. Die Ambulantisierung ist gewollt, das Tarifproblem nicht gelöst. Spitäler konnten wegen Corona Operationen nicht durchführen, nun liegen Betten still, weil Personal fehlt. Viele Pflegende sind während der Pandemie ausgestiegen. Spitäler schreiben Verluste, viele Spitäler sind in die Jahre gekommen und benötigen Investitionen in ihre Infrastrukturen.
Hindernisse Image und Bürokratie
Uwe E. Jocham gibt Yvonne Ribi Rückendeckung mit der Aussage «die Zeit am Patienten ist die wichtigste Zeit». Er zeigt im verbalen Fight viel Herzblut für die Pflege. Abgesehen vom generellen Mangel an Pflegenden ortet er auch anderswo Hindernisse, die Zeit am Bett wegfressen. Er moniert die laufend steigenden Auflagen, Kontrollaufwand und damit verbundene Bürokratie. Zudem hat das Image des Berufes gelitten in der Pandemie. Uwe E. Jocham plädiert dafür, die positiven Seiten des Berufs zu zeigen, eine Imagekorrektur vorzunehmen. Dies wäre sein Wunsch an Yvonne Ribi. Sie sei sofort dabei, denn sie sei überzeugt, die Pflegenden würden gerne viel Positives und Schönes erzählen «wenn es denn da wäre».
Die Einladungen für den Schlagaustausch im Ring werden jeweils zu gegebener Zeit verschickt. Teilnahme nur auf persönliche Einladung und schriftlich bestätige Anmeldung.
WIR DANKEN UNSEREN PARTNERN PFIZER, GROUPE MUTUEL UND VISTA AUGENKLINIKEN & PRAXEN FÜR IHRE UNTERSTÜTZUNG!