Zwei oft zitierte Persönlichkeiten aus der Gesundheitspolitik, der noch Ärzte-Präsident Jürg Schlup und der ehemalige BAG-Direktor Pascal Strupler, blicken in die Zukunft. Bei Geri Staudenmann reden sie offen über Versorgungssicherheit, Gesundheitskosten, Corona-Impfung, Rücktritte in Krisenzeiten und ihre persönlichen Pläne.
Jürg Schlup und Pascal Strupler prägten das Schweizer Gesundheitswesen massgeblich über Jahre. Jürg Schlup auf der Seite der Leistungserbringer, Pascal Strupler behördenseitig. Dies widerspiegelt sich auch in der Beurteilung der grossen Herausforderungen im Gesundheitswesen.
Für den FMH-Präsidenten steht die Versorgungssicherheit der Bevölkerung an oberster Stelle. Die Krise hat sensibilisiert und dem Thema Vorschub geleistet. Er nennt hier Fachkräfte, Infrastrukturen, Medikamente oder auch Medizinalprodukte. Er ist überzeugt, Fragen zur Versorgung würden die gesundheitspolitische Diskussion künftig stärker prägen als die Kostendiskussion. Diese wird gemäss Schlup etwas in den Hintergrund treten.
Pascal Strupler sieht die Versorgungssicherheit ebenfalls als wichtigsten Pfeiler an. Die Konsequenz daraus beurteilt er anders. Mehr Versorgungssicherheit heisse mehr Personal, mehr Hausärzte, u.a.m. Die Versorgungssicherheit sei jetzt im Vordergrund, aber die Kostendiskussion werde bleiben und müsse angegangen werden. Die Erfahrung zeige, wenn der politische Druck auf die Kosten nachlasse, steigen die Kosten. Der Bundesrat und das Parlament seien nach wie vor bestrebt, die Kostenfrage anzugehen.
Die Spitäler haben Mehraufwendungen wegen Corona. Die FMH und H+ werden dafür sorgen, dass über Kosten gesprochen wird.
Pascal Strupler, ehemaliger Direktor Bundesamt für Gesundheit BAG und künftiger Präsident Spital Wallis zur Kostendiskussion, welche in der aktuellen Krise etwas in den Hintergrund tritt.
Ohne Impfung ist Corona nicht beherrschbar – Zusammenarbeit elementar
Swissmedic hat im Dezember den ersten Impfstoff gegen Corona in der Schweiz zugelassen. Nun gehe es gemäss Pascal Strupler darum, vor allem mit den Ärztinnen und Ärzten zusammenzuarbeiten. Gerade die niedergelassenen Ärzte kennen ihre Risikopatienten und würden hier eine zentrale Rolle spielen. Dazu gehört enorm viel Aufklärungsarbeit. Der FMH-Präsident macht deutlich, dass sie bisher nur am Rande in die Impfdiskussion einbezogen seien. Das BAG habe jedoch angekündigt, die FMH würde nun stärker einbezogen und dazu sei die FMH auch bereit. Schlup spricht Klartext: «Ohne Impfung wird die Coronapandemie nicht beherrschbar sein.»
Rücktritte in der Krise
Eigentlich hätte Jürg Schlup bereits im Frühsommer sein Amt als FMH-Präsident übergeben wollen. Seinen Rücktritt hat er schon im November 2019 bekanntgegeben. Aufgrund von Corona verlängert er sein Amt bis Ende Januar 2021. Die ehemalige Nationalrätin und Mitglied des Zentralvorstandes der FMH, Yvonne Gilli, wird das Präsidium übernehmen. Die Frage, ob er der FMH weiterhin zur Verfügung stehe, verneint Schlup: «Den alten Präsidenten brauchts in der Funktion auf keinen Fall mehr.» Seine Zukunftspläne sind offen, die Coronakrise mit der Amtsverlängerung hat die Planung ‹über den Haufen› geworfen. Jürg Schlup lässt es auf sich zukommen.
Auch der ehemalige BAG-Direktor gab seinen Rücktritt bereits im Herbst des vergangenen Jahres (2019) bekannt, in einer Zeit, in der Corona wie ein Fremdwort klang. Er wollte sich Zeit nehmen, sich auf die Situation nach dem BAG vorzubereiten. Mit der Coronakrise ist nun alles anders gekommen. Nichts destotrotz fehle ihm die Hektik nicht, nur die Menschen, mit denen er sehr eng zusammengearbeitet habe, meint Strupler. Er wird im März das Verwaltungsratspräsidium des Spital Wallis übernehmen. Daneben ist er Mitglied einer Beratungsgemeinschaft.